von Jan Schäfer
Der Exercitienmeister Johann Joachim Hynitzsch (1638-1707) war Autor der Fabris-Übersetzung „Italiänische Fechtkunst“ (1677/1713). (1) Der in Nordhausn geborene Hynitzsch soll Recht in Jena und studiert haben und stieg später zum Stadtleutnant in Leipzig auf. (2) Verheiratet war er ab 1673 mit Christina Hynitzsch, von der eine Leichenpredigt erhalten ist, die uns ihr Leben und ihre Ehe(n) in wichtigen Daten rekonstruieren lässt.
Die Leichenpredigt erschien in: "Außerlesene Trost- und Leichen-Sprüche: bey unterschiedenen begräbnissen Christselig entschlaffener Personen" (2) und trägt den Titel:
"Davidische hoffnung / bey Christlicher Leichbestattung Frau Christinen / geborner Hauptmannin / Herrn Johann Joachim Hynitzschens / berühmten Kriegs-Exercitien-Meisters / und Stadt-Lieutenants im Grimmischen Vierthel zu Leipzig / gewesenen Eheliebsten / den 20. Novembris, Anno 1696. über den Spruch Ps. XXV, 1. 2."
Der Text (Auszug):
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"ES ist die Wohlehrbare / Viel=Ehr= und Tugendreiche Frau Christina Hynitzschin Anno 1630. den 24. Septembris gebohren in Dreßden. Ihr Herr vater ist gewesen Herr Sebastian Hauptmann / J. U. Practicus; die Frau mutter Frau Catharina / geborne Manickin allhier aus Leipzig. Diese ihre eltern haben sie alsobald nach ihrer suendlichen geburt versorget / daß durch die heilige tauffe in den gnadenbund der Christlichen kirchen einverleibet worden / haetten sie auch ohne zweiffel gerne in aller gottesfurcht und andern jungfraeulichen tugenden aufferzogen / wenn nicht der tod die Frau Mutter in ihrer zartesten kindheit hinweggerissen / und den Herrn Vater genoethigt / bey schreitung zur andern
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ehe sie anher nacher Leipzig zu dero freunden zu ueberbringen / da sie denn tit. Herr Zacharias Kramer sel. vornehmer des Raths und weiterbuehmter Handelsherr allhier / auffgenommen und vollend zu allen Christlichen tugenden aufferziehen lassen. Worinnen sie sich so wohl auffgefuehret / daß Anno 1656. Herr Gottfreid Cunrad / damahls Handelsbedienter allhier / buertig von Breßlau / eine eheliche affection zu ihr gewonnen / und sich im monat Aprilis durch priesterliche einsegnung in GOttes nahmen mit ihr copuliren lassen. Da dann diese ihre ehe nicht ohne GOttes segen geblieben / massen sie darinnen vier toechter / nahmentlich Anna Catharina / Maria Christina / Susanna Dorothea und Johanna Gertraud / miteinander gezielet / deren die erste Anno 1680. an Herrn Heinrich Hoppen / Buergern und Handelsmann allhier das erstemahl vereheliget / welche ehe sie aber ohne leibes=erben beschlossen / als der selige Herr Hope Anno 1688. verstorben / sie aber ihren wittwenstand bisz Anno 1690. fortgesetzet und erduldet / da Herr Heinrich Kumpfthoff / auch Buerger und Handelsmann allhier / sie in die andere ehe versetzet / und dadurch die selige als Großmutter mit dreyen kindern / einem sohne / welche in die seligkeit vorangegangen / und zwo toechtern / welche GOTT grosz erziehen lassen wolle / vergnueglich erfreuet. Die andere ist ihrem seligen Herrn Vater und der Frau Mutter im zehenden jahr ihres alters vorangegangen. Die dritte ist Anno 1694. an Herrn Christian Gottlieb Wagnern / Handelsmann allhier vereheliget / bey welchen man zwar noch keinen ehesegen spueret / solchen aber noch von GOTT zu erbitten hoffet. Die vierdte wurde Anno 1687. Herrn Johann Pascha / Exercitien=Meister allhier / Christlich beygeleget / und hat unsere selige aus solcher Enckelein / nebmlich drey Soehne und drey Toechter erlebet / ob gleich der aelteste Sohn aus dieser serbligkeit allen vorangegangen. Nachdem nun die selige mit ihrem ersten Herrn in die 16. jahr eine vergnuegliche ehe gepflogen / muste sie auch endlich Anno 1672.
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im Julio den bittern creutz=kelch kosten / und sich geduldig in den elenden wittwenstand versetzen lassen / und darinne biß Anno 1673. aushalten / da sie Herr Johann Joachim Hynitzsch zu seiner ehegattin begehret / und den 26. Octob. selbigen jahres durch priesterliche copulation erhalten / auch Anno 1676. einen sohn / nahmens Erasmus / mit ihr gezeuget / welcher aber Anno 1684. im neundten jahr seines alters den 20. Augusti beyderseits eltern durch allzufruehes absterben in hoechsten trauerstand gesetzet / und ihnen die von sich gefaste hoffnung entwendet. Sonsten ist dieser ihr anderer ehestand in die 24. jahr vergnueglich und glueckselig gnug gewesen / ob gleich der Allerhoechste sie dann und wann in die creutz= undt gedult=schule gefuehret / indem sie unterschiedene zeit vor ihrem seligen ende sich kraenklich befunden / biß letzlich im vergangenen monat Junio sich die rechte krankheit mit stechen in der lincken seiten / mit drucken des magens und mit kurtzem athem geaussert / und also ihre letzte bettlaegerigkeit verursachet / da zwar auff gebrauch dienlicher artzneyen solche zufaelle ziemlich nachgelassen / und man zu voelliger genesung gute hofnung geschoepffet. Demnach aber kurtze zeit darauff sich ein starcker gichtflusz eingefunden / welcher sich im ruecken und rechter huefft so fest gesetzet / daß so wohl durch innerliche als aeusserliche medicamenten solchen ohn gefahr schwerer zufaelle zu zertheilen es unmoeglich gewesen; als hat sie aus diesen zufaellen und denen zuweilen darzugestossenen ohnmachten und motibus convulsivis wohl angemercket / dasz ihre lebenstage zu ende lauffen wuerden; dannenhero sie sich zu denen himmlischen medicamenten gewendet / ihren Herrn Beichtvater zu sich erbeten / ihre suende reuend bekennet / die absolution gebeten / und im festen vertrauen auf das verdienst ihres Heylandes JESU Christi dieselbe empfangen und angenommen / auch darauf den letzten zehrpfennig im heiligen Abendmahl genossen. Nach diesem liesse sichs wiederum an / als wolte sichs mit ihrer gesundhet bessern / aber ohne bestand. Dannenhero ihr Herr Beichtvater
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sie zum oeffteren besuchet und getroestet / allemahl aber als eine bestaendige streiterin Jesu Christi abgetroffen / und sie deswegen der ewigen gnadenkrohne in jenem seligen leben versichert / bisz er letzlich am dienstage / war der 17. Novembris, nachdem er zu ihr fruehe umb 8. uhr erbeten / sie zwar bey voelligem verstande / aber abgehender sprache angetroffen: da er dann / weil ihr ende augenscheinlich herangenahet / sie nochmahls getroestet / absolviret und eingesegnet / auch darauf biß nach zehen uhren mit steten singen derer dabeystehenden / ihres Mannes / kinder und kindes kinder / auch anderer verwandten und guten freundinnen auf eilf uhr / in ihrem Erloser ohne einiges zucken sanfft und selig eingeschlafen / ihres alters 66. jahr und zween monat / weniger 7. tage."
Bei dem im Text genannte Johann Paschen könnte es sich um einen Verwandten des Exercitienmeisters Johann Georg Paschen (1628-1678) (4) handeln. Ein Johann Paschen lebte von 1653-1710 in Leipzig. (5). Er war dort Tanzmeister und 1707 erschien sein Buch „Beschreibung wahrer Tanzkunst“. (6)
Anmerkungen:
(1) Vollständiger Titel: Scienza E Pratica D'Arme = Herrn Salvator Fabris Obristen des RitterOrdens der sieben Herzten verteutschte Italiansche FechtKunst / Di Salvatore Fabris, Capo Dell'Ordine Dei Sette Cuori. Hynitzsch, Kloßen, Leipzig 1677 und 1713. [Digitalisat der Ausgabe von 1713, Göttinger Digitalisierungszentrum]
(2) Siehe den Datensatz im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
(3) Vollständiger Titel: Außerlesene Trost- und Leichen-Sprüche: bey unterschiedenen begräbnissen Christselig entschlaffener Personen / in denen damahligen Leichpredigten fleißig erkläret / und eintzeln heraus gegeben / hernach auff begehren zusammen gesuchet / und zu gemeiner erbawung überlassen / von Jo. Benedicto Carpzov“, Band 7. Gedruckt bei Immanuel Tietze, verlegt durch Friedrich Lanckischens Erben, Leipzig 1700. [Digitalisat in der digitalen Bibliothek der Universität Halle]
(4) Zu Johann Georg Paschen siehe den zugehörigen fechtgeschichte-Artikel.
(5) vgl. Thesaurus.
(6) Siehe: Petermann, Kurt (Hrsg.): Johann Paschens Beschreibung wahrer Tanz-Kunst. Zentralantiquariat, Leipzig 1981.
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