Zu seinen Lebensdaten ist wenig bekannt. In Darmstadt ist er in unbekanntem Jahr geboren worden. Sicher scheint, dass er sich einige Zeit lang in Italien aufhielt, denn in seinem Fechtbuch schreibt er im Kapitel über das Caminiren (Anm.: eine besondere Fechttechnik): "Dieses caminiren hab ich vor diesem in Italien gelernet / auch offtermahls practicirt" (vgl. Kapitel 31 seines Werkes).
Vermutlich um 1655 wurde er von Karl Ludwig I. von der Pfalz (1617-1680) zum kurfürstlich pfälzischen Hof- und Universitätsfechtmeister bestellt (als Universitätsfechtmeister womöglich in der Nachfolge von
Johann Georg Bruch). In seinem Amt als Hof- und Universitätsfechtmeister unterrichtete Jéann Daniel L'Ange an der Universität Heidelberg die Studenten und in gleicher Weise am kurpfälzischen Hof den Prinzen Karl II. von der Pfalz und die Edelpagen in der Fechtkunst. Während seiner Zeit in Heidelberg gab er auch sein Fechtbuch mit dem Titel „Deutliche und gründliche Erklärung der Adelichen und Ritterlichen freyen Fecht-Kunst“ [
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Jéann Daniel L'Ange hat bis zum Jahr 1664 (dem Erscheinungsjahr seines Fechtbuches) mit eigenen Worten „nicht nur etliche wenige / sondern etliche hundert“ hohe und niedere Standespersonen „an unterschiedlichen Orthen / in dieser Adelichen Fechtkunst informiret, und zu guten Fechtern gemacht“ und „mit dieser Adelichen Fechtkunst / bereits auff dreyzehn mahl meine Probe in gegenwarth vieler grosser Herren / an unterschiedlichen Orten gethan / und allemahl glücklich obgesieget“.
Der Fechtmeister L'Ange war neben dem Degenfechten auch „in anderen exercitiis, als mit der Picque, Musqueten, wie auch Voltisiren und Fahnen schwingen [...] erfahren / darzu auch einen lernen kan / wie man ein Regiment zu Fuß ins Feldt soll stellen / welches ich nicht allein auff underschiedlichen Academien exercirt, sondern auch im Felde practicirt“. In seinem Fechtbuch, dass er „nechst Göttlicher Hülffe / auß selbst erlangter erfahrung / Reisen / Kosten und fleiß in meiner Jugend / anjetzo nach einer guten ordnung / Meinen Herrn Scholaren, auch andern meinen sonderbahren Freund und Gönnern schuldigst communiciren wollen“, behandelt er jedoch nur den Zweikampf zu Fuß mit dem Degen.
Sein Werk wurde erstmals im Jahr 1664 bei Adrian Weingarten in der Heidelberger Universitätsdruckerei aufgelegt. Es erhielt den Titel „Deutliche und gründliche Erklärung der Adelichen und Ritterlichen freyen Fecht-Kunst / Lectionen auff den stoß / und deren gebrauchs eigentlicher Nachricht. Auff die rechte Italianische Art und manir, in dieses Tractätlein verfaßt / und mit nothwendigen Kupfferstücken nach möglichkeit gezieret und vor Augen gestelt“. Das Buch ist Karl II. von der Pfalz zum Dank dafür gewidmet, dass ihn dessen Vater Karl Ludwig I. als Hof- und Universitätsfechtmeister vor vielen Jahren in Dienst genommen hatte.
Das Buch ist 145 Seiten stark (81 Seiten Text, 61 Abbildungen). Auf diesen stellt L'Ange eine Vielzahl von Lektionen wie das Stossen in den Handhaltungen Quart, Terz und Second (jedoch nicht in Prim), das Stringiren, Caviren, Parieren, Faintieren, Passiren, Voltiren, Legiren sowie auch Entwaffnungen und Ringstücke mit dem Degen vor. L’Ange erwähnt weiterhin, auch außergewöhnliche Stücke zu beherrschen, etwa „wie man mit einem Degen gegen einen Puniar, Picque, Hellepart, Partisan und andere dergleichen Gewehr / auch wie man zu Fuß mit dem Degen in einer / und eine Pistol in der andern Hand sich verhalten / seinem Feinde begegnen / auch gar mit blossen Händen gegen einem stillet sich defendiren und wehren“ oder wie man „mit einem Degen der noch in der Scheyden steckt / seinem Feind zubeschädigen / ehe Er mit einer Pistoll einen Schuß thun mag. Und dan letztens / daß fast ohnglaublich scheinet / wie man einem den Degen kan an der seyten nehmen / ihne über den Kopf schlagen / oder gar in Leib stossen / und daß man ihn doch nicht auß der Scheiden ziehe“. Damit diese Stücke allerdings nicht zu vielen Menschen bekannt gemacht werden, hat L'Ange sie nicht schriftlich festgehalten. Man kann sie aber „underdessen gleichwohl zu seiner zeit in geheim“ von ihm erfahren, wie er an gleicher Stelle im Buch noch mitteilt.
Ein anderes Thema dagegen findet Eingang ins Buch: es ist die Wahl eines geeigneten Orts für das scharfe Duellfechten vor den Toren der Stadt. Weil seine Hinweise hierfür interessant zu lesen sind und es eine Seltenheit ist, dass in einem Fechtbuch solche Informationen zur Sprache kommen, wird das entsprechende Kapitel im Folgenden vollständig wiedergegeben.
"Cap. XXXVI.
Von einem bequemen Orth / im scharpff fechten zugebrauchen.
Demnach Ich nunmehr von allen Lectionibus auffs möglichst und nützlichste abgehandelt / auch deren application allen und jeden Liebhabern dieser Kunst / verhoffentlich zur gnüge / zwar kurz / jedoch verständlich zu erkennen gegeben / so ist dieses einige noch übrig / daß man von einem principal und nothwendigen stücke etwas meldung thue / nemblich / von einem bequemen orth / da man dem Adversario begegnen will / und soll man vornemlich auff vier Stück wohl achtng geben / wan man vor das Thor kombe und sich mit einem schlagen soll; Vorst Erste auff die Sonne / daß man sie auff den Rücken / der Adversarius aber selbige ins Angesicht bekomme / wodurch seine Augen geblendet werden / und man ihn desto eher verletzen kan.
Zweytens / auff die Berge / so man einen Berg hindersich vermerckt / so suche man bald einen sprng auff die lincke seiten zuthun / und den Feind dahin zu treiben / den vortheil wieder zu gewinnen / Ihme aber den seinen zubenehmen / wie dan bekand ist / daß man sich den Berg herab nicht defendiren kan mit dem Degen / aber gegen Berg kan man wohl einen treiben / biß er etwan verletzt oder zufall kommen ist.
Drittens / auff Wasser / Mauren oder Hecken; So man sich an deren einem mit dem Rücken befindet / muß man ebenmässig resolvirt sein / sich mit dem seyten sprung zu salviren, den Feind aber dahin zutreiben / welches ein grosses avantage ist.
Viertens / auff Pflasterstein / oder Kieselsteineren Wege / dan daselbst ist es nicht gut / man hat sich wohl zu hüten / daß man nicht an stosse / oder im langen außstossen nicht etwan zu fall komme / und dardurch verletzt werde. Welches aber der bequemste Ort sey / so man anderst die zeit haben kan / dem Feind zubegegnen / so hält mancher viel von einer grünen Wiesen / es ist aber nicht allzeit gut / besonders nachmittags / in deme die Sonne mit ihren Strahlen das Graß glatt gemacht hat / viel besser könte es Morgens an solchem orth seyn / wan das Graß noch naß ist; Aber meines, theils halte ich einen gepflügten / auch Saamen- oder Stoppel-Acker / oder Sandfeld das gleich ist / vor den besten und bequemsten platz / welches ich vielmals selber practicirt, und stäts gut zu sein befunden. So ist hierher zur nachricht beyzufügen wollen / ein jeder mag thun nach seinem bleiben / und wie es die zeit wird ertragen können."
Nachdem seine Anstellung in Heidelberg geendigt hatte, bekleidete Jéann Daniel L'Ange von 1678 bis 1682 das Amt des Fechtmeisters an der Universität Marburg. Seine Kinder und Enkel setzen die Familientradition fort und folgen ihrem Vater im Fechtmeisterberuf nach. In Marburg sind von 1705 bis 1738 Johann Moritz Lange und von 1738–1754 Dieterich Peter Lange als Fechtmeister (und Exercitienmeister) angestellt (
vgl. die Liste der Fechtlehrer an der Universität Marburg bei Nail und Berschin, Seite 18).
Am Düsseldorfer Hof des Kurfürsten Johann Wilhelm Joseph Janaz von der Pfalz (1658-1716) diente Charl L'Ange (höchstwahrscheinlich ein Sohn von Jéann Daniel) als kurfürstlich pfälzischer Major und Exercitienmeister. Er legte im Jahr 1708 das Buch
„Deutliche und gründliche Erklärung der Adelichen und Ritterlichen freyen Fecht-Kunst [...]“ in Düsseldorf neu auf.