von Jan Schäfer
Johann Andreas Schmidt (hier auf einer Abbildung in seinem Fechtsaal in Nürnberg) wurde im letzten Drittel des 17. Jahrhunderts (genaues Datum unbekannt) wahrscheinlich im sächsischen Zöblitz (vgl. das Nachwort seines Werkes) bei Marienberg im Erzgebirge geboren (vgl. zur Geschichte von Zöblitz z.B. Wilhelm Steinbachs Historia des vom edlen Serpentinstein weitgerühmten Städgens Zöblitz im Meißnischen Obererzgebürge, 1750 [Digitalisat]).
Im Nürnbergischen Gelehrten-Lexicon (Band 8, 1808, Seite 87f) ist Folgendes über ihn zu lesen:
"*Schmid (Johann Andreas), ein Fechtmeister, muß schon einige Jahre vor 1713 zu Nürnberg gewesen seyn, wie aus der Dedication und Vorrede zu seinem Fechtbuch, das er in dem genannten Jahr herausgegeben hat, erhellet. Er hatte an verschiedenen Orten die Stelle eines Fechtmeisters bekleidet 19 in Nürnberg; 2) in Hildburghausen; 3) in Baireuth; 4) wieder in Nürnberg; 5) in Stuttgardt und 6) in Tübingen, wo er auch gestorben ist. Nach Baireuth kam er 1721 als Fechtmeister der Pagen und von da 1728 oder 1729 nach Stuttgardt. Im Fechten und Voltigiren hatte er wenige seines Gleichen. Auf eine geschehene Wette von 10 Ducaten prügelte er 1712 aus der Wirthsstube zu Hagenhausen 6 starke Bauernkerle, blos mit einem Springstocke bewaffnet, hinaus. Mit den Kniebeln seiner rechten Hand, konnte er so stark auf einen eichenen Tisch schlagen, daß man auf demselben die Spuren gesehen hat. Seine größte Force hatte er im Legiren. In Baireuth focht er <Seite 88> einstmals in der Antichamber des Marggrafens zur Probe mit 2Fechtmeistern und legirte jedem im 2ten oder 3ten Gang das Rappier fünf bis sechsmal, so daß der Marggraf ihm sogleich die Stelle mit 1000 Glden Salar ertheilte. Sein Lehrmeister war vornehmlich Johann Georg Bruch zu Amsterdam, dessen Fechtbuch G. Th. von Murr in seiner Bibl. dimicatoria angezeigt hat. Sein Fechtbuch hat den folgenden Titel: Leib=beschirmende und Feinden Trotz bietende Fechtkunst; oder leichte und getreue Anweisung, auf Stoß und Hieb zierlich und sicher zu fechten. Nebst einem curieusen Unterricht vom Voltigiren und Ringen. m. F. Nürnb. 1713. Quer 8. Ist auch mit neuen Titelblättern Ebend. 1749 und 1780 wieder in Umlauf gebracht worden. Siehe: v. murr Journal zur Kunstgeschichte. Th. XII, S. 13. 14."Das während seines ersten Aufenthalts in Nürnberg 1713 veröffentlichte Werk „Leib-beschirmende und Feinden Trotz-bietende Fecht-Kunst“ beschäftigt sich auf insgesamt 376 Seiten mit dem Fechten auf Stoß und Hieb sowie dem Voltigieren und dem Ringen. Es trägt den vollständigen Titel „Leib-beschirmende und Feinden Trotz-bietende Fecht-Kunst; Oder: Leicht und getreue Anweisung auf Stoß und Hieb zierlich und sicher zu fechten; Nebst einem curieusen Unterricht vom Voltigiren und Ringen / Deutlich und gründlich beschrieben / und mit saubern darzu gehörigen / nach den Actionen gezeichneten / Kupffern an das Licht gestellet“. Verlegt wurde es durch Johann Christoph Weigel. Der Autor Schmidt widmet es „den Herren Kriegs-Räten“ seiner derzeitgen Wirkungsstätte Nürnberg: dem „Herrn Hanns Carl Löffelholtz von Colberg / und Zerzabelsdorf / Des ältern geheimen Raths / als dieß hochansehnlichen Collegii vorderstem Kriegs-Rath und Praesdi u.a.m.“, „Herrn Joh. Paul Baumgartnern / von und auf Holenstein / Lonstadt und Grünsperg / Des ätern geheimen und Kriegs-Rath u. a. m.“, „Herrn Carl Benedict Geuder / von und auf Heroltzberg und Stein / Des Innern geheimen und Kriegs-Rath u. a. m.“ und „Herrn Joh. Sigm. Grundherrn / von Altenthan und Weyherhauß / Des hochlöbl. Fränkischen Creyses bestellten Obristen zu Fuß / dann des Innern und Kriegs-Rath“. Mindestens sechs Mal wurde das Buch seit der ersten Drucklegung von 1713 neu aufgelegt, im Jahr 1780 sogar zweimal (in Nürnberg und in Leipzig). [Zur Ansicht: Erstausgabe von 1713 / Nürnberger Ausgabe von 1749 / Nürnberger Ausgabe von 1780]
Dass Johann Andreas Schmidt in Amsterdam ein Schüler des Fechtmeisters Johann Georg Bruch war, wird nicht nur durch die Aussage im Nürnbergischen Gelehrten-Lexicon Band 8 bezeugt, sondern auch durch einen Vergleich der Werke der beiden Fechtmeister bestärkt. Denn es finden sich viele Ähnlichkeiten in Struktur, Didaktik und Inhalt zwischen Bruchs „Grondige Beschryvinge van de Edele ende Ridderlijcke Scherm- ofte Wapen-Konste“ und Schmidts „Leib-beschirmende und Feinden Trotz-bietende Fecht-Kunst“. Insbesondere die ersten annähernd fünfzig Seiten über die Grundlagen, die Terminologie und die Lektionen zu den Hauptstößen von Schmidts Werk sind denen von Bruch sehr ähnlich. Dies legt den Schluß nahe, dass Schmidt nicht nur bei Bruch gelernt hat, sondern dass ihm höchstwahrscheinlich auch beim Schreiben seines eigenen Buches ein Exemplar von Bruchs Werk vorlag. (vgl. hierzu auch Rainier van Noort auf bruchius.com)
Auch zur Ringkunst des Nicolaes Petter finden sich bei Schmidt in Teil 6 seines Gesamtwerkes ("So [...] vom Ringen handelt") einige Parallelen. Petters Buch erschien posthum 1674 ebenfalls in Amsterdam, also in einer Zeit da Schmidt womöglich gerade in der Stadt weilte und bei Bruch das Fechten lernte. Ob die Übereinstimmungen zwischen diesen beiden Werken zufällig sind oder daher rühren, dass Schmidt auch von Petter ein Buch vorlag, er bei ihm oder einem seiner Schüler gelernt hat oder aber diese Art des Ringens in den Niederlanden zu dieser Zeit einfach weit verbreitet und populär war, muss ein genauer Textvergleich sowie weitere Recherchen klären.
Publikationsgeschichte des Schmidt´schen Werkes:
- Leib-beschirmende und Feinden Trotz-bietende Fecht-Kunst; Oder: Leicht und getreue Anweisung auf Stoß und Hieb zierlich und sicher zu fechten; Nebst einem curieusen Unterricht vom Voltigiren und Ringen / Deutlich und gründlich beschrieben / und mit saubern darzu gehörigen / nach den Actionen gezeichneten / Kupffern an das Licht gestellet. Nürnberg, 1713. [Digitalisat]
- Gründlich lehrende Fecht-Schule, oder Leichte Anweisung, auf Stoss und Hieb sicher zu fechten, nebst einem curieusen Unterricht vom Voltigiren und Ringen. Nürnberg: Endter und Engelbrecht, 1749. [Digitalisat]
- Fecht-Kunst. Nürnberg, 1750.
- Lehrende Fechtschule. Nürnberg: Stein, 1760.
- Johann Andreas Schmidts, Fecht-und Exercitienmeisters Fecht-Kunst, oder leichte und getreue Anweisung auf Stoss und Hieb zierlich und sicher zu fechten. Nebst einem curieusen Unterricht vom Voltigiren und Ringen Nürnberg: 1780. [Digitalisat]
- Fecht-Kunst auf Stoss und Hieb. Leipzig, 1780.
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