Dienstag, 21. April 2015

Das Greifswalder Fechtboden-Reglement von 1745

von Jan Schäfer

Von der Greifswalder Universität (1) sind uns Fechtboden-Regeln aus dem Jahr 1745 überliefert. (2)

Der Text (3)
[Seite 462] No. 14. Der Königl. Akademie zu Greifswald confirmirtes Reglement, wornach sich sowohl der Fechtmeister, als auch alle diejenigen, welche auf hiesigen öffentlichen Fechtboden, der Information in der Fechtkunst sich bedienen wollen, zu achten haben, vom 29. Nov. 1745.

I.

Damit ein jeder angehender Scholar wissen möge, was er dem maitre pro informatione, und sonsten an andere exsolvendis zu prästiren habe, so wird hiemit zu jedesmänniglichen Nachricht folgendes festgesetzet:

1) pro accesu , und wenn einem Novitio zuerst das Rappier vom Maitre präsentiret wird , 1 Ducat Species.
2) pro lnformatione, a Monath zu 16 Stunden gerechnet, 2 Rthlr.
3) Weil Ihre Königl. Majestät dem Fechtmeister keinen Boden bestehen, giebt ein jeder Scholär Monathl. Bodengeld 6 ßl.
4) Wenn die Floret=Klinge zerspringet, wird dafür erleget 24 ßl.
5) Für einen Ball oder Knopf auf den Rappier 4 ßl.
6 ) Wenn sonst an den Rappier Gefäße etwas zerbrochen wird, muß es nach Beschaffenheit oder Anzeige des Schwerdtfegers gut gethan werden.

Außer diesen gewöhnlichen Accidentien werden keine bestanden, noch, daß weiter etwas vom Maitre gefordert werde, verstattet.

II. Soll sowohl der Maitre, als die Scholären verpflichtet seyn, sich gegen einen jeden höflich und modest zu verhalten, diese aber jenem auf den Boden alle schuldige Consideration zu bezeigen.

III. Wenn der Fechtmeister einen seiner Scholären so weit tüchtig findet, daß er ihn zum Vorfechten bestellen kann, soll selbiger von denen übrigen Scholären dafür angenommen und gehalten werden, der aber gleich anderen, aller Bescheidenheit sich zu befleißigen hat.

IV. Es soll aber auch Niemand von denen Scholären dem Mantenitor, oder Vorfechter des Fecht=Saals, das, was ihm in der Fechtkunst, seiner Progressen und Schuldigkeit nach, zu zeigen obliget, zu verübeln sich unterstehen, bey Strafe  8 ßl.

V. Keiner muß dem andern beim Lectionnehmen, oder Contrefechten, wenn er gleich eine Fante begehn sollte, auslachen; vielweniger aber durch Stichelreden sich an jemanden vergreifen, oder gar durch Zank, Stoßen oder Laufen einen Lerm oder Tmult verursachen, bey Strafe 8 ßl.

VI.
[Seite 463] VI. Muß ein jeder, wenn er Lectiones nehmen, der dieses Exercice sonst ausüben will, mit Handschuhe versehen seyn, bey Strafe 4 ßl.

VII. Soll ein jeder sich seiner eigenen und keines anderen Florets, ohne des Eigenthümers Wissen und Willen bedienen, gleichermaaßen auch nicht eines anderen Fechtschuhe oder Sachen gebrauchen, bey Strafe 4 ßl.

VIII. Wird derjenige, so sein Floret mit der Spitze oder Ball zur Erden, oder auf den Schuh setzet, es sey denn, daß es Fechtschuhe wären, condemniret zur Strafe von 4ßl.

IX. Sollte einer das Malheur haben, entweder beym Contrafechten, oder a la Muraille parrien, sein Floret zu zerstoßen; so ist derjenige, der es zerbrochen, den Schaden zu stehen schuldig.

X. Bey Fremden, die am Boden nicht engagiret sind, wird das Bodenrecht, der Compläsance nach, observiret, und sollte auf demselben im Contrafechten, oder a la Maraile die Floret zerstoßen werden, so sind, ohne Widerrede, die Scholären insgesammt verpflichtet, dem Maitre die Klinge zu bezahlen.

XI. Wir keiner, bevor der Maitre ihn dazu geschickt befunden, erlaubet, contra zu fechten, als wodurch man sich sonst nur zur Irregularität gewöhnen würde, bey Strafe 16 ßl.

XII. Hat derjenige dem erlaubet worden, contra zu fechten, sich in Acht zu nehmen, seinem contra Parten nicht aus Vorsatz nach dem Gesichte zu stoßen, oder nach den Händen zu schlagen, bey Strafe 24 ßl.

XIII. Wer sich unterfangen würde, sein Eigen, oder eines Fremden Seiten=Gewehr, es sey im Ernst, oder im Scherz, zu entblößen, wird condemnirt zu 24 ßl.

XIV. Wird auch niemanden erlaubt seyn, auf dem Boden entweder zu essen zu trinken, viel weniger Toback zu rauchen, bey Strafe 8 ßl.

XV. Hat sich ein jeder für liederliches Fluchen, imgleichen für Entheiligung des Namens Gottes zu hüten, bey Strafe 8 ßl.

XVI. Ist ein jeder Scholär verbunden, bey seinem Abzuge die zum Fechten angeschaffte Sachen, an dem Fechtsaal, ohne einige Widerrede zu lassen, oder zu reluiren mit 2 Rthlr.

XVII. Soll zu Colligirung dieser Strafgelder, eine eigene Büchse angeschaffet, und das Geld zur Disposition des Fechtmeisters überlassen werden, der tertiam partem daran ad pios usus dem jederzeitigen Rectori Magnificio, abzugeben hat,

XVIII. Sollte bey denen Scholären beym Contrafechten, oder der Legum wegen Mishelligkeit entstehen, soll ihre Sache dem Maitre zu Debattiruug und Auslösung gemeldet werden, der dem Befinden nach, und wenn solche in Güte nicht zu componiren wäre, dem Magnifico Rectori Academiae solches anzn=

[Seite 464] anzuzeigen, und dessen, oder des ganzen Consilii Academici Entscheidung zu gewarten hat. Welches sichdenn vorbehält, diese Leges, denen vorkommenden Umständen nach, zu ändern und zu vermehren.

(L. S.)

Anmerkungen:
(1) Kurze Chronik der Universität, Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald
(2) Erschienen in: Johann Carl Dähnert, fortgesetzt von Gustav von Klinckowström: Sammlung gemeiner und besonderer Pommerscher und Rügischer Landes-Urkunden Gesetze, Privilegien, Verträge, Constitutionen und Ordnungen. Der Supplementen und Fortsetzung Vierter Band oder Achter Theil. Stralsund, 1802, S. 462-464. [Digitalisat]
(3) Auch die Digitale Bibliothek Mecklenburg-Vorpommern stellt auf ihrer Seite eine Transkription zur Verfügung.

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