von Jan Schäfer
In seinem Tagebuch dokumentierte der hessische Obrist Caspar von Widmarckter am 5. Juni 1617 ein Duell zwischen dem Marquis de la Vallette und seinem Obristen Graf von Schönberg, von dem er Kenntnis erhalten hatte. Bemerkenswert für die Fechtgeschichte ist die Quelle vor allem deshalb, weil uns Zeitzeugenberichte aus einem Kontext, der nicht unmittelbar der Rechtspflege zuzuordnen ist (wie z.B. aus Briefen oder, wie im vorliegenden Fall, aus Tagebucheinträgen), über Duelle vor 1800 kaum im deutschsprachigen Raum vorliegen.
"In Erfahrung bracht, daß unß der Königk neben 5 Regimenten Franzosen und 16 Cornette Pferde in Savoya schicken woll, auch, welcher Maßen der Marquis de la Vallete meinen Obristen, so balde er nach Paris kommen, gefordert. Dieser Duel ist also zugangen, so balde der von Schönbergk deß Abends nach Paris kommen, hatt sich deß Morgenß frie zwischen 3 und 4 Uhr deß Markgrafen Lackeyen einer in seine Cammer geschlichen und ihme im Bett ein schriflich Cartel behändiget, der von Schönberk miht der gleichen gethan, aufge- [fol. 202v] stanen, sich mitt dem Lackeyen in ein Cabinet verfüget, ihn gefraget, mitt waß Gewehr sein Herr seiner warte, der Lackey geantwortet, mitt seiner Seitten Wehre, die er täglich zu tragen pflege, darauf der Graf von Schönberk dem Lackeyen 5 oder 6 Wehre ahn der Wand hangende gezeiget, ob irgent eine darunter, die seines Herrn gleich wehre. Der Lackey eine gezeuget und gesagt, daß dieselbe sich zu seines Herrn wollschicken durfte. Darauf der Graff dem Lackeyen solche von der Wand genommen, ahn die Seitt gehangen, mitt dem Lackeyen munter allein in den Stall gangen und mitt solcher Still, weill eß zu mahl frie geweßen, ein Pferd sattlen laßen und darvon geritten, daß es niemats von seinen Edelleuthen gewahr worden. Biß über ein ein Weill der Stallmeistr seiner Gewinheitt nach in den Stall kommen, nach dem abwesenten Pferd gefraget, und alß ihn die Knecht berichtet, eß habe er, der Graff, gar frie allein mitt einem frembten Lackeyen darvon geritten, ist ihm solcheß schwer gefallen, ein Pferd sattlen laßen und nach fleißiger Nachfrage sie beyde, den Graffen und Markgraffen, hinder den Tuilleries gefunden. Darzu auch der Herr von Crequy und andere furnehme Leuth kommen und beyde kämpfende Theill auf der Erden aufeinander gefunden, also gefaßet daß keiner dem andern etwaß thun oder sein Gewehr mehr brauchen können. Nemlich nach deme sie mitt den Wehren alleine einander viellmahl under den Armen durch den Stich getragen, seind sie endlich auß großer Begirde ahn den Leib gefallen und gerungen. Ist aus einem Mißtritt oder sonsten der Herr von Schönberk gefallen, also daß der Markgraff auff ihn gesturtzet. Der von Schönberk sich mitt dem rechten Schenkell wieder auf ihn, den Markgraffen, geschwungen [fol. 203r] und darzu mitt der einen Hand den Markgraffen also inß Gesicht gefast, daß, wie gesagt, einer den andern nicht mehr offendiren können, auff welche der von Cresquy neben andere gefallen, beyde von einander gerißen, des Mißverständniß erkundiget und so balde mitteinander verglichen, mitt dem außtrücklichen Abscheitt, daß dieser Kampf keinem Theill zu Nachtheill oder Praeiuditz sein könte oder sollte, und wird der von Schönberk sonderlich gerühmet, daß er diesen Kampf so freiwilligk und in der Still ahngenommen. Der Markgraff aber ist in deß Konigeß Ungnadt etzliche Monat verblieben, der von Schonberk aber, weill er so balde darauf zum Königk nach Fontainbleau gezogen, hatt er von Ihrer Majestät viell Ehr entpfangen."
Aus: Wilhelm A. Eckhardt und Holger Th. Graf (Hg.), Sven Extenbrink und Ralf Pröve: Söldnerleben am Vorabend des Dreißigjährigen Krieges. Lebenslauf und Kriegstagebuch 1617 des hessischen Obristen Caspar von Widmarckter. Beiträge zur Hessischen Geschichte. Verlag Trauvetter & Fischer Nachf. Marburg an der Lahn, 2000, S. 113f. Mit freundlicher Genehmigung des Verlages.
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